Fahrzeug übernehmen und los
Es geht los. Elke bringt uns zu Camperdeal in Hannover. Pünktlich um 11 Uhr werden wir von Vermieter eingewiesen, legen unsere Führerscheine vor und bekommen die Schlüssel zum VW T5 Hotel California.
11.25 Uhr zeigt die Uhr des Navis als wir in Hannover-Vahrenwald auf die A2 Richtung Westen fahren. Bis Porto sind es 2.350 Kilometer. Bis Paris liegen etwas mehr als 700 Kilometer vor uns. Es wäre gut, wenn wir es bis vor sie Tore der Seine-Metropole schaffen würden.
An Paris vorbei (Tag 1)
Dank der günstigen Verkehrlage erreichen wir gegen 15.30 Uhr einen Rastplatz vor Lüttich. Kurze Kaffeepause und Fahrerwechsel. Sebastian übernimmt und lenkt den T5 Richtung Paris, der tiefstehenden, untergehende Sonne entgegen.
Gegen 18.30 Uhr sind wir am nördlichen Stadtrand der Seine-Metropole. Auch wenn zweimal 30 Minuten Zeitverlust wegen Unfällen angekündigt werden, entscheiden wir uns fürs Weiterfahren. Besser jetzt als Montagmorgen im Berufsverkehr.
Gegen 20.30 Uhr erreichen wir die Autobahn Richtung Bordeaux. Wenige Kilometer weiter soll es bei Briis-sous-Forges den Autobahn-Rastplatz Aire de Limours geben, der Stellplätze für Wohnmobilsten bereit hält. Doch Pustekuchen. Überall Baustelle. Und der Rastplatz befindet sich auf der anderen Seite der Autobahn. Keine Chance, ihn zu erreichen. Wir orientieren uns neu und fahren nach Rambouillet. Ein *** Campingplatz wird uns versprochen. Doch auch hier haben wir Pech: Der Platz hat geschlossen und öffnet erst im Frühjahr 2018 wieder.
Was bleibt? Weiterfahren (Sebastian) oder ein Ibis Budget Zimmer nehmen (Ralf)?! Am Ende entscheiden wir uns für Bacon Burger mit Bier im Grillrestaurant und das low-budget-Zimmer.
San Sebastian soll es sein (Tag 2)
"Wir ziehen heute durch bis San Sebastian". Klare Ansage von Sebastian beim morgendlichen Petit Dejeuner im Atelier d' Antoine in Rambouillet. Das bedeutet eine weitere Tagesetappe von rund 780 Kilometern quer durch Frankreich.
Gesagt, getan. Gegen 9 Uhr geht es bei Nebel los auf die A10. Ersteinmal immer grobe Richtung Bordeaux. Das passt schon. Mit dem Fahren passt es auch, denn die mautpflichtigen Autobahnen sind relativ leer. Absolut kein Vergleich mit der A2 oder A7 in Deutschland. 130 Stundenkilometer sind erlaubt und dank Verkehrslage und Tempomat auch bequem machbar. Irgendwann fällt uns zufällig ein Leuchtschild am Straßenrand auf. Man meint scheinbar uns ...
Sebastian war bis an die Grenzen des Zulässigen gegangen. Aber die Autobahnbetreiber hatten offensichtlich ein Auge auf uns. Wir beugen uns Kilroy, "who is watching us". Mit reduzierter Geschwindigkeit geht es weiter Richtung Süden.
Vor Bordeaux verschwindet der Nebel von einem Kilometer auf den anderen. Die Sonne kommt und lässt die Temperaturen ebenso plötzlich von 8 auf 15° Celsius steigen. Die Autofahrer-Musik auf Radio 107.7 tut ein Übriges. Beste Voraussetzungen, um südlich von Bordeaux auf einem "Aire" zu stoppen, den Kaffeekocher anzuschmeißen und selbstgeschmierte Butterbrote zu verdrücken.
Bis San Sebastian sind jetzt noch gut zwei Stunden Fahrt. Die Landschaft des "Landes" ist mehr als öde. Kiefernkulturen in Altersklassen säumen die Autobahn rechts und links. Doch auf einmal wechselt die Landschaft ziemlich stark. Am Horizont erscheinen Berge. Hohe Berge. Die Pyrenäen. Ein grandioses Bild. Es soll jedoch noch besser kommen.
Wir erreichen das Baskenland. Eine Mischung aus Gebirge und Meeresstrand. Faszinierend. Während ich die Landschaft genieße, folgt Sebastian den Anweisungen des Navis und irgendwie sind wir dann mittendrin: Im verkehrstechnisch herausfordernden San Sebastian. Aber die Stadt, die ihren Namen mit Sebastian gemein hat, scheint es ihm anzutun. Souverän steuert er den T5 durch das innerstädtische Gewühl und wieder hinaus in die Berge bis zum Campingplatz Igueldo am Rande der Stadt.
Langsam angehen lassen (Tag 3)
Die Scheide zwischen dem Kantabrischen Gebirge und der iberischen Meseta
Wir haben gut zwei Drittel der Strecke hinter uns gebracht und wollen es jetzt etwas ruhiger angehen. Irgendwo zwischen Burgos und Valladolid sollten wir am Abend sein. Rund 300 bis 400 Kilometer wären das. Je nachdem welche Route wir wählen.
Bevor es zurück auf die Autopista geht, erlauben wir uns noch einen Ausflug bei Tageslicht nach San Sebastian. Mit dem T5 erweist sich die Parkplatzsuche als Geduldsspiel. Nicht nur für uns, sondern auch andere Autofahrer. Nämlich dann, wenn wir erst auf der Tiefgaragenzufahrt feststellen müssen, dass die Fahrzeughöhe auf 1,90 Meter begrenzt ist. Für unsere 1,95 Meter reicht das nicht. Rückwärtssetzen ist in diesem Fall angesagt. Nach langem Suchen finden wir in einer Neben-Nebenstraße eine winzigkleine Parklücke. Zu Fuß geht es über den Strand der östlichen Bucht zum Kursaal, weiter über die Urumea-Brücke und die Altstadt bis zum Hafen. Am Fuß der Jesus-Statue von Donostia drehen wir um. Am Santana, einer kleinen Tapasbar, in der "Erregina Erregeordea kalea" führt der Weg nicht ohne vorherige Einkehr vorbei. Dort werden Tapas bereits zum Frühstück serviert und am späten Vormittag erscheint uns ein zweites Frühstück durchaus angebracht.
Gernika
Das Studium des Reiseführers macht uns wieder bewusst, dass eine der nordspanischen Städte ganz unmittelbar mit der jüngeren deutschen Geschichte verbunden ist: Gernika (auch: Gernika-Lumo, Guernica, Bizkaia). Die heilige Stadt der Basken, liegt östlich von San Sebastian. Wir erinnern uns an die Bombardierung der Baskenstadt am 26. April 1937 durch Flugzeuge der deutschen Legion Condor und daran, dass Pablo Picasso der Auslösung der Stadt und ihrer Bevölkerung ein Monumentalgemälde gewidmet hatte. Erst 1997 bat Bundespräsident Roman Herzog bei einem Besuch um Entschuldigung für den verheerenden Angriff.
Wir beschließen einen kleinen Umweg zu fahren und dem "Museo De La Paz De Gernika" einen Besuch abzustatten. Nicht ahnend, dass das Museum eine ausgiebige Mittagspause macht und wir just in dem Moment des Torschlusses dort eintreffen werden.
Cordillera Cantábrica oder Sistema Cantábrico
Die "Cordillera Cantábrica oder Sistema Cantábrico" stellen die westliche Verlängerung der Pyrenäen dar. Der in der Spitze bis zu 2.648 Meter hohe Gebirgszug bildet die Klimascheide zwischen der grünen, maritim geprägten "España Verde" im Norden und kontinentalen Meseta im Süden. Mit dem Überqueren der Wasserscheide kommen wir bereits in das Einzugsgebiet des Douro. Der Fluss, der nach gut 900 Kilometern Lauflänge an unserem Reiseziel Porto in den Atlantik entwässert.
Der Landschaftswechsel, der sich nach der Passage der Gebirgspässe ergibt ist vollkommen krass und beeindruckt uns sehr - aber eher negativ. Auf rund 900 Meter über Meereshöhe erstrecken sich bis zum Horiziont ausgeräumte Ackerlandschaften. Jetzt im Herbst domieren gelb-bräunliche Farbtöne das Landschaftsbild. Nur selten "stören" grüne Baumgruppen oder Dörfer den Wüsteneindruck. Zumal die Sonne vom blauen und wolkenlosen Himmel aus vollen Rohren strahlt. Das Außenthermometer des T5 steigt jedoch nur knapp auf mehr als 10° Grad Celsius.
Fahrtechnisch herausfordernd (Tag 4)
Der Duero bei Miranda - aufgestaut und zur Energiegewinnung genutzt
Die Nacht ist eisig. Ohne Standheizung lässt es sich insbesondere für Sebastian unter dem Aufstelldach kaum aushalten. Zum Frühstück scheint die südliche Frühwintersonne bereits wieder aus allen Rohren. Auf mehr als 1,5° Celsius will die Temperatur aber dennoch nicht ansteigen. Wir nehmen die Schnellstraße Richtung Valladolid. Dann geht es westlich in Richtung Zamaro. Die durch und durch gelb und braun gefärbte Landschaft ist Agrarsteppe in Reinform. Auffällig sind die vielen Rotmilane in der Luft. Es dürfte sich bei ihnen um Zugvögel aus Deutschland handeln. Sebastian protokolliert jede Beobachtung in der Naturgucker-App.
Spontan entscheiden wir uns, an den Oberlauf des Duero (spanische Schreibweise) zu fahren. Wir programmieren "Miranda do Duero" ins Navi ein. Die Stadt liegt oberhalb des Douro - auf portugiesischer Seite. Im Reiseführer wird sich als beliebtes Ausflugsziel für spanische Touristen beschrieben. Der alte Stadtkern gilt als regionales Highlight.
Eine kleine und unscheinbare Bar in der Alstadt wirbt mit einem Angebot regionaler Speisen. Auch "Francesinha" steht für 7,50 EUR auf der Karte. Es ist Mittagszeit und wir entschließen uns, die "kleine Französin" auszuprobieren. Glücklicherweise spricht der junge Mann hinter dem Bartresen ein wenig Englisch, so dass wir unsere Bestellung "2 Kaffee und 2 Francesinha" ohne Probleme aufgeben können. Dem Barmann bereitet unsere Order jedoch Kopfzerbrechen. Üblicherweise trinkt man, so erklärt er, in Portugal den Kaffee nach dem Verzehr der Franceshina und nicht vorher. Ob wir deshalb tatsächlich unsere Bestellung in der Reihenfolge haben wollten. Wir bejahen und harren der Dinge, die da kommen werden.
Die uns servierte "Kleine Französin" ist eine ca 20 mal 10 Zentimeter große Fleisch- und Kalorienbombe
Uns gelingt es kaum, die Franceshina zu verdrücken. Mit vollem Magen starten wir die Nachmittagsetapppe nach Vila Real. Eigentlich ist es nicht weit, aber die Strecke hat es in sich. Schmale Straßen führen in Serpetinen durch den "Parque Natural do Douro Internacional". Die Strecken haben nicht selten bis zu 16 Prozent Gefälle. Gänsegeier kreisen über der Landschaft. Gott sei Dank haben wir genügend Diesel im Tank; denn Sebastian fällt auf, dass wir in mehr als 1 1/2-stündiger Fahrt nicht an einer einzigen (für uns erkennbaren) Tankstelle vorbeigekommen sind. Die Landschaft, durch die wir fahren, ist überwältigend schön. Wir kommen aus dem Staunen nicht heraus. Mehrmals halten wir an, um den Anblick und den Ausblick zu genießen. Dabei fällt uns immer wieder die absolute Stille auf. Wenn nicht gerade Coldplay aus dem Lautsprecher des Autoradios schallt, dann hören wir - gar nichts!
Vermutlich sind wir die einzigen Gäste auf dem Campingplatz
Am späten Nachmittag erreichen wir den Campingplatz von Vila Real. Mitten in der Stadt zentral gelegen, aber dennoch nett und naturnah gestaltet. Es ist auch nicht mehr so kalt. Um 19 Uhr sind wir noch bei 17° Celsius Außentemperatur mit geöffneter Tür im Bus und essen Abendbrot. Es dürfte ein Nacht ohne Standheizung werden.
Ziel erreicht (Tag 5)
Der erste Blick am Morgen durch die Frontscheibe
Heute morgen mussten wir die Zucker-Fett-Creme mit kleinem Haselnussanteil beim Frühstück nicht in Scheiben schneiden. Wir konnten uns das Nutella-Brot streichen. Die Nachttemperaturen lagen bei mehr als 10° Celsius, so dass weder wir noch der Brotaufstrich leiden mussten. Mit dem milden Wetter kam jedoch auch Regen auf.
Von Vila Real fahren wir zunächst nach Peso de Regua, eine kleine Stadt am Douro. Von dort aus wollen wir möglichst am Fluss entlang bis Porto fahren. Straßen, die auf der Landkarte flussnah erscheinen, müssen aber nicht zwangsläufig unten am Wasser entlang führen - lernen wir. "Am Fluss entlang" kann in einer Berglandschaft auch bedeuten, sich deutlich oberhalb des Flusses zu bewegen. Das Privileg der höhengleichen Streckenführung ist der Eisenbahn vorbehalten. Wir kurven daher oberhalb des Douro durch eine ausgesprochen sehenswerte und abwechselungsreiche Landschaft aus Hainen mit Oliven- und Zitronen-, seltener auch Orangenbäumen, Weinfeldern und Forstflächen, die mit Eukalyptusbäumen bepflanzt sind.
Portugal - Das Land der rauchenden Feuer
Die portugiesische Landbevölkerung scheint einen ausgesprochenen Hang zum Kokeln und Zündeln zu haben. Überall brennen, besser rauchen Feuer. Der Unterschied zwischen Regenwolken, Nebelresten und Rauchwolken ist nicht immer einfach zu treffen. Die Feuer haben natürlich ihren Sinn. Sie dienen in erster Linie dazu, Pflanzenabfälle, die zum Beispiel beim Beschneiden der Weinreben anfallen, zu verbrennen. Wir erfahren aber auch, dass viele Feuer deshalb entfacht werden, weil man sich erhofft, dass der Rauch den Regen vertreibt.
Dort, wo Rauch und Wolken es erlauben, offenbart sich uns eine buntgefärbte Herbstlandschaft
Herbststimmung an einem kleinen Nebenbach des Duoro
Für die rund 170 Kilometer lange Strecke benötigen wir etwa 3 1/2 Stunden reine Fahrzeit. Rechnen wir die zahlreichen kleinen Fotostopps und die Kaffee- und Cookie-Cake-Pause in Marco de Canaveses hinzu, so brauchen wir mehr als fünf Stunden für den "Katzensprung" nach Porto.
Kaffeepause am #2Rios Café - noch 40 Kilometer bis zum Ziel
Dort erwartet uns der Berufsverkehr. Sebastian lässt sich dadurch nicht irritieren. Mit stoiischer Ruhe lenkt er den T5 durch die drängelnden Autos und die engen Gassen, bevor wir ihn in einer Tiefgarage nahe des Nice Way Hostels abstellen. Dort haben wir bis Montag ein Zimmer reserviert; denn geeignete, stadtnahe Campingplätze gibt es nicht.
Es ist schon dunkel als wir Sina treffen und gemeinsam beschließen, unmittelbar ein Restaurant am Flussufer zum Abendessen anzusteuern. Der Verdauungsspaziergang führt zunächst über die berühmten Brücken Ponte Luis I (unten) und Ponte Luis II (oben) und dann weiter in Bar- und Kneipenviertel.
Blick von der Ponte Luis II auf das abendliche Porto